Straßennamendiskussionen
Im Ludwigsburger Gemeinderat tobt zurzeit die Diskussion um die Straßennamen. Wie in anderen deutschen Städten auch hat sich dort eine Rechts-Links-Lagerbildung ergeben: Der CDU-MdL und Stadtrat Klaus Herrmann sieht in Straßennamen nach Personen einen „Gedächtnisspeicher, der auch Irritationen produzieren kann“ und plädiert dafür, auch Straßennamen zu belassen, die nach heutigen Maßstäben nach Personen benannt sind, deren Lebensleistungen heute keine Ehrungen mehr erfahren würden. Radikal für die „Entsorgung der Geschichte“ plädierten SPD und Grüne und sprechen sich für Straßenumbenennungen bei Namensgebern aus, deren Tun nach heutigen Maßstäben als moralisch verwerflich oder sogar verbrecherisch einzustufen ist. Diese bis ins Extreme ausbaubare Argumentationslinie hat jüngst der Journalist Harald Martenstein in einer Kolumne „Über die Irrtümer großer Denker“ auf die Schippe genommen. Wir empfehlen diesen im Internet zu findenden Artikel der Lektüre.
In Remseck hat es in den vergangenen 20 Jahren nach unserer Erinnerung keine Diskussion um Straßenumbenennungen gegeben. Kurz wurde diskutiert, ob ein Remsecker Ortsteil nach dem US-General George S. Patton heißen darf, dessen Kriegsführung heute durchaus kritisch gesehen wird. Fast vergessen ist inzwischen auch der Streit um die Namensgebung für das Remsecker Gymnasium im Jahr 1989, der zur Sache aber ganz interessant ist: Ursprünglich sollte das heutige Lise-Meitner-Gymnasium nämlich Otto-Konz-Gymnasium heißen, zu benennen nach dem Wasserbauingenieur und „Neckarkanalisierer“. Damalige Mitglieder des Lehrerkollegiums gruben jedoch pronazistische Äußerungen von Konz aus der Zeit 1933-1938 aus, was dazu führte, dass der Gemeinderat sich kurzfristig mit Mehrheit für die Namensgebung nach Lise Meitner entschied. Heute sieht man eher, dass Konz regimekritisch eingestellt war und von den Nazis verunglimpft wurde, auch weil er mit einer Jüdin (nach den Kriterien der Nürnberger Rassengesetze) verheiratet war. Er lebte in der NS-Zeit in ständiger Angst um seine Frau und tat diese problematischen Äußerungen vor allem um sich und seine Frau „aus der Schusslinie“ zu bringen. So gibt es in den Zugwiesen auch einen Otto-Konz-Weg (siehe Bild), der in der aktuellen Ludwigsburger Diskussion keine Rolle spielte.
Bei Konz führt der zeitliche Abstand von der Belastung zur Entlastung. Bei Luise Rinser war es umgekehrt: Nach der bekannten Schriftstellerin und Bundespräsidentschaftskandidatin der Grünen (1984) ist in Poppenweiler eine Straße benannt. 2011 erschien eine Biographie, die Rinsers Verstrickungen ins „Dritte Reich“ und die persönlichen Vertuschungen ihrer eigenen Vergangenheit offenlegte.
Beide Beispiele belegen, wie die Wertungen von Personen auch „im Fluss“ sind. Wir meinen, dass es nicht Aufgabe eines Gemeinderates ist, regelmäßig die Lebensleistung von Namensgebern zu überprüfen. Anders sieht es aus, wenn die Bewohner einer Straße mehrheitlich selbst die Umbenennung wünschen.
2008 kam ein Remsecker auf die FDP zu und regte im Rahmen unseres Ombudssystems die Umbenennung der Neckargröninger Hindenburgstraße an. Wir haben die Anregung kommentarlos an die Stadtverwaltung weitergleitet. Eine Reaktion erhielten wir nicht. Liest man die große Hindenburg-Biographie des Stuttgarter Historikers und CDU-Mitglieds Wolfram Pyta, bleibt vom „Sieger von Tannenberg“ im Ersten Weltkrieg und „armen manipulierten Greis“ bei der Machtübergabe an Hitler nicht viel übrig. Einer der zu Lebzeiten beliebtesten deutschen Politiker zeigt sich im Rückblick als äußerst dunkle Gestalt. Soll man deshalb die Neckargröninger Straße umbenennen? Wir meinen, so lange die Anwohner hierzu keine Initiative ergreifen, gibt es keinen Grund. Schließlich residiert keine Kommunalverwaltung in der Straße. In Ludwigsburg, wo die Postadresse des Landratsamtes „Hindenburgstraße“ lautet, und in Ingersheim, Mundelsheim und Murr, wo die Rathäuser in der Hindenburgstraße bzw. –platz stehen, liegen die Dinge anders.
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Mit liberalen Grüßen – Kai Buschmann – FDP Vorsitzender Stadt-/Regionalrat