„Kühe brauchen schöne Füße“
Landwirtschaftlicher Tag der FDP Remseck
Morgens um 8.00 Uhr Kaffeetrinken bei blinzelndem wärmenden Sonnenschein unter einem Nussbaum auf einem Bauernhof, das konnte erleben, wer die Remsecker Liberalen durch einen landwirtschaftlichen Tag, an dem zwischen 7 und 19 Uhr zehn landwirtschaftliche Betriebe in den Ortsteilen besichtigt wurden, begleitete.
Situation, Sorgen und Perspektiven der Landwirtschaft in Remseck wollten die FDP Remseck aktuell erfahren und stellten zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft der landwirtschaftlichen Ortsvereine Remsecks eine Tour zusammen, die Einblicke in ein interessantes Spektrum von Spezialisierungen bot. Sprecher Hans Kurz war bei Start und Ende der Tour dabei.
Nur wer sich spezialisiert – vielleicht eine Nische findet oder den Trend der Zeit früh erkennt und auch darauf setzt, kann überleben – diese Botschaft überlagerte die 12-stündige Tour. Spezialisierte Betriebe beherrschen mit hohem technischen Einsatz die Landwirtschaft. Dies wurde deutlich beim Besuch von vier milchwirtschaftlichen Betrieben (Eckstein / Hochdorf, Aupperle / Hochberg, Blumhardt / Neckarrems, Eppinger / Neckarrems). Gewaltige Investitionen in moderne Ställe, hochentwickelte Maschinen und ausgereifte Computertechnik sind nötig, um dem Ein- und Zweinutzungsrind optimale Rahmenbedingungen zu schaffen. Das mit einem Sender ausgestattete Rind erhält dann an Futterautomaten eine optimierte und der Milchproduktion individuell angepasste Ernährung. Bis zu 80 Hektar Land, auf dem die Futtermittel so weit als möglich selbst produziert werden, gehören zu so einem Betrieb. Die Hühnerhaltung im großzügigen Freiland auf dem Hof Eppinger wird als weiteres Standbein weiter ausgebaut, dazu gibt es bereits den vollautomatisierten Verkaufsshop.
Das Label „Tierwohl“ steht für Verständnis in der Tierproduktion und die Bäuerinnen auf dem Eckstein- und Blumhardthof brachten dies auch sehr glaubwürdig zur Geltung. Es gibt auch Bauernhof Pädagogik (kindgerechte Beobachtungs- und Lernetappen), welche von Kitas und Schulkassen – vor allem der Grundschulen – gerne angenommen wird. Sorgen bereitet den Milchproduzenten der Preis, beeinflusst durch die wirtschaftliche Abkühlung Chinas, dem Wirtschaftsboykott Russlands und der ausgelaufenen Milchquote. Photovoltaik auf vielen Hofdächern und in Kürze eine Biogasanlage mit Güllebeschickung auf dem Hof Blumhardt zeigen, dass nach vorne gedacht wird.
Der Betrieb Klotz / Neckargröningen mit eigener Schlachterei bietet Fleisch- und Wurstwaren vom Schwein aus eigener Mast im Hofladen an. „Nur mit so einem vom Verbraucher geschätzten Nischenangebot können wir gegenüber Betrieben mit Tausenden von Tieren konkurrenzfähig bleiben“, weiß der „Altenteiler“ Klotz zu berichten. Mit Kartoffeln sowie als Marktbeschicker sind weitere Standbeine vorhanden.
In den letzten Jahren gewandelt haben sich das Angebot und der Auftritt des Hofes Leutenecker / Neckargröningen. Vor Jahren noch Experte in Hühnerhaltung/Eier, wurde dieses Angebot zurückgefahren. Nur noch 1500 Hühner sind am Hof. Der Tenor: „Was andere machen, stoßen wir ab, versuchen Neues zu besetzen“. Neben Wochenmarkt in Bad Cannstatt setzt der Familienbetrieb auf neue und kreative Konzepte im eigenen Bauernladen mit Café und auf weit über die Region hinaus bekanntes Veranstaltungs- und Eventambiente.
Der „Kleinste“ von der Fläche aber mit 30 Sonderkulturen ist der Hof „erntefrische“ Obergfäll in Neckarrems. Noch besteht Aufarbeitungspotenzial bei Jörg Obergfäll, was das Thema „Himbeeracker“ angeht, wo jetzt das neue Feuerwehrhaus steht; vor allem weil aus seiner Sicht Zusagen seitens der Verwaltung noch auf ihre Umsetzung warten. Über den Hofladen hinaus beliefert er kreisweit Kindergärten mit frischen Produkten nach dem Schulfrucht-Programm. Der Spargelanbau soll intensiviert werden, auch Christbaumproduktion gehört zum Hofstandbein.
Auf dem Pferdehof Pfisterer / Aldingen stehen rund 30 Pensionspferde von Remseckern, Stuttgartern, Ludwigsburgern, Kornwestheimern, ja bis nach Schorndorf. Die Boxen und Vollpension erhalten sie für ein entsprechendes Entgelt. Von 14ha Wiese sind rund 80% Streuobst, eine für die Kulturlandschaft wichtige Pflege wird hier geleistet. Ab Ende September gibt er den WATOMI Naturkids auf seinem Gelände Platz für eine weitere Betriebsstätte.
Werner Escher / Aldingen hat sich auf Kartoffelanbau spezialisiert und dafür modernste Hallenkapazitäten für optimale Lagerungsmöglichkeiten geschaffen. Dass sein Betrieb als erster dieser Art in Baden-Württemberg QS qualifiziert wurde, erfüllt in sichtlich ebenso mit Stolz wie die Tatsache, dass seine Tochter Sarah in die Hofnachfolge eintritt. Im eigenen Hofladen „Escher’s Lädle“ werden ca. 50% der Hofumsätze erzielt.
Bis zu 6000 Hühner in Bodenhaltung sowie ein gut sortierter Hofladen bilden die Grundlage des Geflügelhofes Walker in Aldingen. Dazu als Standbein drei Wochenmärkte in Stuttgarter Stadtgebieten. Gudrun Walker verriet, wieso historisch bedingt die Aldinger Bauern Märkte in Stuttgart beschickten: „Aldinger waren Gscheitle – da ist kaufkräftiges Klientel“, sagte sie mit Schmunzeln. Für die weißen und braunen Eier sind aber auch Gastronomie, örtliche Geschäfte und Bäckereien Abnehmer. „Tierwohl“, darauf legen auch Walkers Wert, denn „gesunde Tiere benötigen keine Medikamente“.
Ein Großteil der Landwirte erzeugt noch Frucht, Mais, Zuckerrüben, arbeitet teilweise auch in einer Betriebsgemeinschaft.
Bei der geselligen und launigen Abschlussrunde im Aldinger „Paradiso“ zog sich das Thema Reglementierung, Pflichtbuchhaltung – gerade auch die Dokumentationspflichten sowie der Verwaltungsaufwand durch den Mindestlohn wie ein roter Faden als belastendes und arbeitsintensives Hemmnis durch den Abend. Unglaubliche Mengen Papierkram beschäftigen die Landwirte und Hofladenbetreiber an den Abenden und den Wochenenden.
Weitere Themen waren: Wie kann die heimische Landwirtschaft noch verstärkter in die Kitas und Schulen hineingetragen werden um Informationen und Verständnis zu wecken und näher zu bringen? Gibt es Möglichkeiten, den unerlaubten Autoverkehr aus landwirtschaftlichen Wegen einzudämmen? Wie müsste in den Ortsteilen ein „Dorfladenkonstrukt“ aussehen, damit das Angebot angenommen und der Laden überleben kann? Wie sehen die Erzeuger und Landwirte das Thema Bauernmarkt in Remseck? Aktuell wird bei funktionierenden Hofläden, bekannten Anlaufstationen einem Remsecker Bauernmarkt keine Chance eingeräumt. Wenn Parkplätze in der Nähe und Fußgängerströme vorhanden seien, dann könnte sich das Thema nach Vorhandensein der Neuen Mitte neu stellen, vorher nicht. Gerade aber auch die Neue Mitte stellt einen Teil der Landwirte vor die Frage, wo bewirtschaftbare Ausgleichsflächen vorhanden seien.
Fazit der Freien Demokraten Remseck: Ein intensiver, sehr informativer 12-stündiger Aktionstag. Alle Beteiligten, Frauen und Männer, lieben ihren Beruf, üben ihn mit Begeisterung und hohem Engagement aus. Hoch qualifiziert, bestens ausgebildet, rhetorisch versiert, kommunikativ angenehm – dieser Eindruck bleibt haften. Landwirtschaft im Ballungsraum ist eine Herausforderung, bietet aber auch Chancen. Alle haben mit Stolz berichtet und ihre Höfe und Dienstleistungen vorgestellt. Die FDP Remseck bedankt sich für großzügige Gastfreundschaft inkl. Bewirtung. Der Sprecher der landwirtschaftlichen Ortsvereins Remseck Hans Kurz bedankte sich bei der Remsecker FDP, dass sie die Landwirtschaft so in den Fokus gestellt hat und einen großartigen Tag geplant und durchgeführt habe.