FDP: Mit Augenmaß und Verhältnismäßigkeit – Diskussion um Fahrverbote

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FDP Remseck diskutiert drohende Fahrverbote und Auswirkungen

„Die Luft war noch nie so sauber wie jetzt, aber die Radikalität der Diskussion hat erschreckend zugenommen“, so Markus Flandi, parlamentarischer Berater der FDP Landtagsfraktion  bei einer Diskussionsveranstaltung der FDP Remseck im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Remsecker liberale Gespräche in Offenheit“ (ReliGiO). Flandi erwies sich als exzellenter Kenner rund um die Themen Luftreinhaltung.

Bild (C) FDP Remseck: v.l. Marianen Günther, Andrea Kövilein, Erika Schellmann, Referent Markus Flandi, Kai Buschmann, Armando J. Mora Estrada, Gustav Bohnert

„Jeder will gesunde Luft, deshalb: wenn Grenzwerte im Gesetz stehen, sind sie einzuhalten. Insofern sei auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) diesbezüglich nicht zu beschimpfen,“, so Markus Flandi ohne nicht jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Grenzwerte jeweils jedoch länder- und sogar arbeitsplatzspezifisch unterschiedlich ausfallen. So lägen in den USA die Stickstoffdioxidgrenzwerte bei 103µ/m³, in der dt. Arbeitstättenverordnung seinen Arbeitsplatzgrenzwerte von 950µ/m³ beschrieben, im Bereich Raumluft 60µ/m³. Noch 1990 lag das Stickstoffdioxidaufkommen um ca. 70% höher als heute. Interessant auch, dass ein Gasherd bis zu 4000µ/m³ Stickoxide freigebe.

Wieso im Moment alles auf das Thema Diesel fokussiert sei, verstehe er nicht, so Flandi. Es gebe Benziner, die mehr Stickoxide emittieren als Dieselfahrzeuge. Der Anteil des Diesels betrage rund 43 Prozent. Weshalb blieben die anderen 57 außen vor? So hat das Karlsruher Institut für Technologie nachgewiesen, dass bereits bei einer Entfernung von 20 m zu einer Straße die Werte halbiert seien.

Hart ins Gericht ging er in der Diskussion der gut besuchten Veranstaltung mit der Tatsache, dass das Land Baden-Württemberg gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart zu Fahrverboten nicht die Berufung, sondern die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wählte. Bei einer Sprungrevision werde auf mögliche Verfahrens- und Rechtsfehler geprüft, während bei einer Berufung der gesamte Sachverhalt neu aufgerollt werde und damit auch neuere Erkenntnisse einfließen könnten. „Hier hat sich die CDU von den Grünen, speziell um das Duo Kuhn/Hermann schwer über den Tisch ziehen lassen und Herr Kretschmann hat wohlwollend zugesehen“, so Markus Flandi. „Das wäre ideologisch verbrämte „Enteigung“ tausender gutgläubiger Autobesitzer“, so der Tenor der Anwesenden.

Es müssten zunächst die Wirkungen der freiwilligen Diesel-Softwar-Updates abgewartet werden. Erstaunlich sei es, dass nur die deutschen Hersteller im Fokus seien und Angebote machten, sämtliche Importeure blieben außen vor. Verwunderlich sei, dass der Klimaschutz offenbar keine Rolle mehr spiele. Interessant die Info, dass ausgestoßenes CO2₂ in der Luft bleibt, während NOxₓ nach ca. einem Tag zerfällt. Interessant auch, dass Nutzfahrzeuge im Realbetrieb teilweise besser abschnitten als PKW auf dem Prüfstand.

Der Tenor der Diskussionsveranstaltung war klar: wir brauchen mehr Innovationskultur statt Verbotsdiskussion. So seien Verkehrsverflüssigungen sinnvoller als ‚Stopp and go’ Phasen oder Beschleunigungen nach Ampelphasen. Auch werde der Elektroantrieb „verherrlicht“, verschwiegen wird dabei, dass zur Herstellung der Batterien in Massen Cobalt oder Lithium benötigt werde, das nicht gerade in Faire Trade Staaten vorkomme. Auch das weitere Erforschen synthetischer Kraftstoffe sei wichtig. Selbst Toyota, bekannt geworden als Sponsor der Lobbyistenvereinigung DUH geht davon aus, dass noch 2050 bis zu 80% Autos mit Verbrennungsmotor vorhanden sein werden. Von Tesla wisse man, dass bei bestimmten Autotypen im aktuellen Strom-Mix erst bei ca. 900.000 km Fahrleistung die Emissionen mit denen eines Verbrennungsmotors gleich ziehen. Ebenso werde das autonome Fahren die Mobilität revolutionieren, ist sich FDP Vorstandsmitglied Philipp Stickel, der mit dem Pedelec zur Veranstaltung kam, sicher.

Und was kann der ÖPNV da ausrichten? Mehr Personen auf Busse und Bahnen? Wenn Stuttgart wirklich ab 01.01.2019 Fahrverbote für E 4 Fahrzeuge erlasse, dann werde das auch Remseck – wie alle anderen Kommunen in Stuttgarts Peripherie – zu spüren bekommen. Das bedeute Parkdruck auf vorhandenen Parkplätzen oder Kampf um Parkplätze in den nahe der Haltestellen gelegenen Wohnstraßen. Anderseits: Dann muss der ÖPNV besser ausgebaut und getaktet sein, so Flandi. Aktuell würden die Kapazitäten, besonders in den Hauptlastzeiten, bei einem größeren Umstieg vom motorisierten Individualverkehr zum ÖPNV gar nicht ausreichen. Zudem benötige der ÖPNV ein attraktives Preisniveau. Und wenn man mit ÖPNV länger unterwegs ist als im Auto mit Stau, dann sei der Anreiz des Umstiegs nicht gegeben.

Auch das Thema Nordostring als Tangente um Stuttgart wurde andiskutiert, weil damit vor allem in den Innenstadtbereichen grundsätzlich und an den Hauptverkehrsstraßen wohnende Menschen speziell geschützt werden vor Lärm, Feinstaub und Stickoxiden. Zudem sei fließender Verkehr weniger emittent.

Etwas provokant sagte Markus Flandi: „Stickoxide sind kein Senfgas, unsere Luft wird von Tag zu Tag sauberer. Themen wie Rauchen, Bewegungsmangel und Übergewicht scheinen gerade vom Hype ‚Stickoxide’ abgelöst worden zu sein im Fokus öffentlicher Darstellung. Meine Prognose lautet: Bei Verbot vom Dieselfahrzeugen wird ein großer wirtschaftlicher Schaden sehend in Kauf genommen ohne den entsprechenden Umweltnutzen dafür zu haben.“

Zum Abschluss gab es für den Referenten des Abends, der sich auch einer ausgiebigen Diskussion stellte, ein Weinpräsent durch den FDP Vorsitzenden Kai Buschmann.