Ladeinfrastruktur Elektromobilität
Ein Erfahrungsbericht aus der Kommunalpolitik
von Armando G. Mora Estrada – FDP Stadtrat
Vor über einem Jahr (Herbst 2020) habe ich nach vorherigen Gesprächen einen Antrag für die FDP-Fraktion Remseck ausgearbeitet, mit dem Ziel, die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität in Remseck zu verbessern. Diesen Antrag haben wir bewusst noch vor der Haushaltsdebatte am 21.01.2021 eingebracht (im Verwaltungsausschuss).
210121 – FDP Fraktion Remseck_O_Antrag Ladeinfrastrukturx
Nach teilweise hitzigen Debatten im Ausschuss für Umwelt und Technik am 16.03.2021 haben dann FDP, SPD und GRÜNE für einen leicht abgeänderten Antrag im Gemeinderat am 23.03.2021 mit 14 Ja Stimmen gegen 12 Nein Stimmen zu einer Mehrheit verholfen. 210323 – FDP Fraktion Remseck_O_Antrag Ladeinfrastrukturx
Damit wurde der Stadtverwaltung der Auftrag erteilt, sich der Sache anzunehmen und zumindest einen „Masterplan Ladeinfrastruktur“ auszuarbeiten. Darüber hinaus wurde die Stadtverwaltung aufgefordert, erste Kontaktaufnahmen mit Betreiberfirmen zu wagen.
Jetzt, am 16.12.2021, hat man den ersten Schritt auf dem Weg, die Elektromobilität Ladeinfrastruktur zu verbessern, machen können. Wie auf dem Bild zu erkennen, wurde heute eine Ladesäule für elektrisch und hybrid betriebene Fahrzeuge am Haus der Bürger eingeweiht – leider nicht ganz korrekt, die Pointe gibt’s am Schluss ;-)).
Nochmals ganz von vorne… Als Liberaler überlasse ich vieles lieber dem freien Markt, Angebot und Nachfrage oder entsprechenden Experten. Als Stadtrat sehe ich allerdings in erster Linie meine Pflicht darin, das Beste für Bürger und Stadt zu erreichen. Massive Subventionen von Bund und Land für elektrifizierte Fahrzeuge und deren technische Weiterentwicklung haben seit nunmehr fast 2 Jahren zu hoher Nachfrage geführt und ermöglichte es vielen Mitmenschen auf eine günstige, elektrische Mobilität umzusteigen. Doch was benötigt man neben einer Batterie im Fahrzeugboden noch, um elektrisch fahren zu können? Richtig, eine Lademöglichkeit. Und hier setzt meine Pflicht für Bürger und Bürgerinnen aus meiner Sicht ein. Während es einerseits sicher viele Menschen gibt, die eine eigene Wallbox (private Ladestation) an oder in ihrer Garage anbringen können, gibt es aber auch solche Einwohnerinnen und Einwohner – ich denke da vor allem an Menschen, zu deren Wohnung keine Garage zählt – die keine Möglichkeit haben, sich selbst eine entsprechende Auflademöglichkeit für ein mögliches, elektrifiziertes Fahrzeug anzuschaffen. Diese können weder aus umwelttechnischen, noch aus finanziellen Überlegungen, auf ein elektrisch- oder hybrides Fahrzeug umsteigen. Denn wenn man nicht an privater Stelle Strom nachladen kann, ist man auf eine nahegelegene, öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen. Wer sich die Ladesäulenkarte genau anschaut, der stellt schnell fest, dass man in Remseck noch immer keine guten Karten hat, sein Fahrzeug aufzuladen. Stichpunkt „gute“ Karten: Hier sehen Sie einen Auszug aus der Ladesäulenkarte der Bundesnetzagentur zum damaligen Zeitpunkt, den 01.06.2021.
Seit Mitte 2020 habe ich mir Gedanken gemacht, wie man das Thema anpacken kann. Da auch in privatem Umfeld und im heimischen Betrieb über die Anschaffung von elektrischen Fahrzeugen nachgedacht wurde, bin ich über einige sehr interessante Angebote von PKW-Herstellern und Ladesäulenbetreibern gestoßen, mit denen ich gemeinsam ein Konzept für die Erstellung von Ladesäulen und die Anschaffung von Elektrofahrzeugen für sehr kleines Geld, auch im Rahmen eines kleinen Carsharing-Pools von Gewerbetreibenden in Remseck für Mitarbeiter und Einwohner, ausgearbeitet habe. Einen ersten Versuch mit Hilfe von Gewerbetreibenden eine Ladeinfrastruktur und ein kleines Carsharing Angebot zu schaffen, ist im Frühjahr/Sommer 2020 leider Aufgrund von fehlendem Interesse im Sande verlaufen. Schade, wenn man bedenkt, dass dies nicht nur mit finanziellen Vorteilen für die Gewerbetreibenden im Vergleich zu konventionell betriebenen Fahrzeugen, sondern eben der nötigen Ladeinfrastruktur auch für alle anderen Einwohnenden zu verbinden gewesen wäre. Auch von Seiten der Wirtschaftsförderung der Stadt Remseck, auf welche man im Weiteren zugegangen ist, stieß der Vorstoß leider auf wenig Aufmerksamkeit und Unterstützung. Es schien, als wäre zu diesem Zeitpunkt das Thema „Elektromobilität“ einfach noch zu frisch gewesen zu sein und weder bei Gewerbetreibenden noch Stadt großflächig angekommen.
Nun war der nächste mögliche Schritt also dieser, über die Stadt eine sinnvolle Ladeinfrastruktur zu schaffen. Als der Antrag der FDP-Fraktion im Frühjahr 2021 (siehe oben) das erste Mal eingebracht wurde, haben wir gefordert, sich um eine adäquate Ladeinfrastruktur zu kümmern – und zwar schnellstmöglich. Um Vergleiche zu anderen Kommunen zu ermöglichen, wurde die aktuelle Ladesäulenkarte der Bundesnetzagentur herangezogen (siehe Bild). Was leider jedem aufgefallen ist, wenn er diese Karte betrachtet hat, ist, dass um Remseck herum in allen Kommunen bereits zahlreiche Ladesäulen zugänglich waren. Ausnahmen bildeten Remseck und Affalterbach, öffentlich zugängliche Ladestationen auf Remsecker Gemarkung gab es nur in der Neckaraue und auch nur während der Zeit des Einkaufs für Kunden des ALDI, während der Öffnungszeiten. Wer selbst ein elektrisch betriebenes Fahrzeug fährt, oder sich hierüber informiert hat, der weiß, dass selbst wenn man dort wirklich diese eine Ladesäule frei vorfindet, ein Einkauf auf keinen Fall genügt um seine Batterie auch nur zur Hälfte zu laden. Naja, wer sich in den attraktiven Einkaufsgängen verirrt und knappe 5 Stunden braucht, um wieder herauszufinden, dem reicht die Ladezeit ;-)). Neben dieser einen Ladestation wurden während der Debatte im Gemeinderat von Seiten der Stadt auch immer die künftigen Ladestationen in der neuen Tiefgarage des Rathauses und die beiden Ladestationen in Pattonville erwähnt. Selbst wenn man diese voll mit einbeziehen würde, so wären die Vergleichswerte zu unseren Nachbarkommunen weiterhin weit hinterher. Nun muss man aber wissen, dass die Ladesäule in Pattonville nicht von der Stadt Remseck, sondern von Kornwestheim in Auftrag gegeben wurde. Und zu den (noch immer) künftigen Ladestationen in der Tiefgarage gilt ähnliches wie bei der Ladestation am ALDI: Weder für alle öffentlich zugänglich, sondern nur für Tiefgaragennutzer und zudem dadurch doppelt zu bezahlen, da man die entsprechende Gebühr für die Tiefgarage zu begleichen hat. Keine Frage, wenn man sowieso vor hatte, dort zu parken, ist dies super. Als bloße Option sein elektrisch betriebenes Fahrzeug aufzuladen sind diese Ladestandorte jedoch nicht berücksichtbar.
Um nun auch die mehrmals genannten Vergleichswerte zu erwähnen und etwaigen Gegenargumenten wie „Ludwigsburg ist ja viel größer“ zu begegnen, sei erwähnt, dass diese Zahlen deshalb bewusst in Relation zur Anzahl der Einwohner gestellt sind.
Auf Einwohner bezogen hat Remseck (Stand 06.01.2021) 0,011 Ladepunkte pro 100 Bürger, Kornwestheim 0,053 pro 100 Bürger, Waiblingen 0,074 und Ludwigsburg 0,065. Das sind also zwischen 5-7 mal so viele Ladepunkte je Einwohner. Inzwischen ist beinahe ein Jahr vergangen und in Remseck ist lediglich am ALDI in Aldingen noch eine weitere Ladesäule wirklich fertig gestellt worden. In der gleichen Zeit jedoch zahlreiche weitere Ladepunkte in den zuvor genannten Kommunen.
Um wieder in die Vorberatung des FDP Antrags im AUT am 16.03.2021 einzutauchen – der Antrag wurde abgelehnt. Sowohl die Verwaltungsspitze als auch die anderen Fraktionen hatten wohl als gewichtigsten Punkt die Sorge um Probleme in Zusammenhang mit dem laufenden Konzessionsverfahren für Strom und Gas und wollten erst nach einer Einigung im Rechtsstreit aktiv werden. Zu diesem Thema kann und darf ich wegen „Nichtöffentlichkeit“ nicht berichten.
Da weder ich noch wir als FDP Fraktion diese Haltung verstehen noch hinnehmen konnten und wollten, wurde sich auf meine Initiative hin im Hintergrund zwischen den Fraktionen nochmals über den Antrag ausgetauscht und dieser FDP Antrag mit kleineren Anpassungen erneut dem Gemeinderat vorgelegt. Die Änderungen sollten vor allem die Aussagen der Verwaltung berücksichtigen, nämlich möglichen Problemen in Verbindung mit der Konzessionsvergabe aus dem Weg zu gehen. Indem man die Stadt nicht direkt beauftragte, sich um die Erstellung von Ladesäulen zu bemühen, sondern lediglich einen Masterplan zur schnellstmöglichen Erstellung einer Ladeinfrastruktur forderte, haben zumindest die beiden Fraktionen SPD und GRÜNE einen Schwenk gemacht und den FDP Antrag unterstützt.
Nachdem zuerst lange wieder nichts im Gemeinderat berichtet wurde und ich fast schon den Eindruck hatte, als wolle man das Thema weiter vor sich her schieben, hat die Verwaltung auf Nachfrage im Sommer 2021 dann aber doch ein Konzept vorgelegt, mit dem ich, die FDP Fraktion und hoffentlich alle Einwohnerinnen und Einwohner sehr zufrieden sein können. Wie in der Einleitung erwähnt, haben die Anstrengungen erste Früchte getragen und die Erstellung von Ladesäulen angetrieben.
Nun aber die versprochene Pointe. Aufmerksame Leser haben bereits einen Tipp im Text erhalten. Bis heute ist lediglich eine weitere Station am ALDI in Aldingen entstanden… und dies ist keine von der Stadt errichtete, komplett öffentliche Ladestation. Und das ist leider Tatsache und kein Fehler trotz des tollen Fotos neben der Ladesäule am Haus der Bürger. Was auf dem Foto nämlich nicht zu sehen ist, ist, dass direkt außerhalb des Fotos drei Mitarbeiter der SWLB standen. Diese haben die „errichtete“ Ladesäule kurzerhand für das Foto dort abgestellt und direkt danach wieder aufgeladen und ins Lager gefahren. So viel also zu unserer öffentlichen Ladeinfrastruktur in Remseck nach einem Jahr der Antragsverfassung.
Nun muss man die Stadt aber in Schutz nehmen: Nach dem mehrheitlich beschlossenen Antrag hat man sich wirklich um eine gute Umsetzung bemüht, ein tolles Konzept für Ladeinfrastruktur in Remseck geschaffen und auch tatsächlich direkt die Erstellungen von Ladesäulen in Auftrag gegeben. Während man von Seiten der Stadt und der anderen Fraktionen ursprünglich mit Problemen in Verbindung mit der Konzessionsvergabe rechnete, stellte sich heraus, dass dies gar nicht das Problem war. Aktuell scheitert es tatsächlich daran, dass das einzig für die Errichtung der Ladestationen im Bereich Remseck zugelassene Unternehmen für die Erdbauaufgaben ständig in Verzug gerät. Da man in der Stadt (sicher auch auf Drängen der FDP Fraktion, welche hierüber logischerweise berichten wollte) allerdings endlich aus der „Nicht-Öffentlichkeit“ heraustreten wollte und die Einwohnerinnen und Einwohner nicht länger auf die freudige Information, dass Remseck auf dem Weg ist, seine Ladeinfrastruktur zu verbessern, warten lassen wollte, wurde nun kurzerhand ein Pressefoto geschossen und alle Informationen öffentlich gemacht. Sowohl ich, als auch die FDP Fraktion freuen uns über die Entwicklungen und nehmen den Foto-Termin mit einem Lächeln mit in unsere Memoiren.
Bildquellen:
FDP Remseck: Armando G. Mora Estrada
FDP Remseck: Ladesäule vor Haus der Bürger
FDP Remseck: Ladestecker an Auto
FDP Remseck: bearbeitet Karte Ladepunkte_Quelle: Bundesnetzagentur Geo Basis DE/BKG 2020
Dokumente:
FDP Fraktionsantrag 21.01.2021
FDP Fraktionsantrag 23.03.2021